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Die Geschichte des Caravaning

jaguar

Am Anfang war die Sehnsucht



Am Anfang war die Sehnsucht. Müde Seelen, die den fatalen Auswirkungen der Hochindustrialisierung, der Entfremdung also von Natur und spürbarer Lebendigkeit, etwas entgegenzusetzen versuchten, wagten die Flucht nach vorn. Lebensreform wurde diese Bewegung später genannt, die im ausgehenden 19. Jahrhundert einsetzte und Urbanisierung genauso ablehnte wie Fabrikarbeit. Raus in die Natur wollten diese Freigeister, sich viel bewegen, gesund ernähren. Und campen. Auch aus der Notwendigkeit heraus, denn eine Massenbewegung, die sich in diesem Dunstkreis zusätzlich entwickelte, waren die Wandervögel. Auf tage-, manchmal wochenlangen Touren fanden sie Linderung in der Natur. Warum wir so weit ausholen? Ganz einfach: Weil es nichts weniger ist als die Geburtsstunde dessen, was wir heute am Urlaub mit unseren Reisemobilen noch genau so lieben. Christian Steiger und Thomas Wirth, die Autoren von „In der Welt unterwegs – Die Geschichte des Caravanings“ sagen: „Lange sind die jungen Naturfreunde da draußen allein. Auch das Flusswandern kommt in Mode, die jungen Leute mit ihren Kanus zelten an den Ufern der Wasserstraßen. Es dauert nicht lange, und sie schließen sich zu Vereinen zusammen, die entlang der Flüsse und Kanäle ihre eigenen Zeltplätze eröffnen. Es ist der Beginn des Campings, das damals noch nicht so heißt, später aber zur Gründung er ersten deutschen Campingclubs führen wird.“

Während hierzulande sogar der Caravan noch auf seine Erfindung wartet, entstehen dort schon die ersten Reisemobile – auf Basis des Ford Model T. Nachdem 1916 in San Francisco eine Art ausziehbare Ausziehkabine aus Holz auf den Markt gekommen war, „lässt sich der Karosseriebauer Frank Zagelmeyer aus Bay City, Michigan, ein ausklappbares Autozelt für die Ford-T-Modelle Coupé und Runabout patentieren“, notieren die Autoren. Und weiter: „Es öffne und schließe so einfach wie ein Regenschirm wirbt er in seinen Anzeigen, und es enthält zwei Betten mit, dicken, weichen Matratzen, eine kleine Küche, einen Eisschrank sowie elektrische Beleuchtung.“ Wir befinden uns im Jahr 1922!

Acht Jahre später lässt sich Artur Wasner, ein 1887 geborener Kunstmaler, in Breslau „einen absenkbaren Fahrzeugboden mit faltbaren Seitenwänden patentieren. Und 1938 erfindet er nichts Geringeres als das Aufstelldach, wie wir es heute kennen. (…) Herr Wasner tut sich in Breslau mit einem Herrn Dr. Reisner zusammen und gründet die Firma DWA, was für Deutsche Wohn-Anhänger steht.“ Das ist die Initialzündung für den Caravan.


Ford Model T


Arist Dethleffs und das "Wohnauto" Tourist





Berühmt wird mit einer ähnlichen Konstruktion aber ein anderer: Arist Dethleffs. Was ihn und Artur Wasner verbindet, ist der Wunsch nach einem mobilen Zuhause. Als Juniorchef der Peitschen- und Skistockfabrik seines Vaters ist er oft wochenlang auf Dienstreise und vermisst seine Frau Fridel. Sie ihn offensichtlich genauso, denn sie schreibt ihm um 1930: "So was Ähnliches wie einen Zigeunerwagen, in dem wir gemeinsam fahren und ich malen könnte, das wäre wohl das Richtige für uns..." Als Arist Dethleffs ihr von unterwegs antwortet, liegen schon die ersten Skizzen bei: Sie zeigen einen Wohnanhänger mit Hubdach. 1932 ist der „Wohnauto“ genannte Caravan fertig, 1934 startet die Serienproduktion des windschlüpfigen geformten Modells „Tourist“. Der Rest ist Geschichte.

Serienproduktion in Rothschwaige bei Münschen



Diesmal ist es ein Faltcaravan, der den Grundstein legt. Hans Berger, gelernter Bankkaufmann und Gründer von Sport-Berger, hat sich mit Faltbooten und Zelten einen Namen gemacht. Sein „Hausdabei“ kostet nur 750 Reichsmark und lässt sich bei 200 Kilo Leergewicht auch von Kleinwagen ziehen. Der Erfolg kommt schnell: „Bereits 1938 baut der Unternehmer einen Wohnwagen am Tag, neben dem Hausdabei bietet er inzwischen auch nierenförmige Stromlinien-Reise-Wagen mit bis zu 1,82 Meter Stehhöhe an. Sein neues Erfolgsmodell ist die 3,60 Meter lange Klein-Karawane, laut Prospekt von 1937‚ein geräumiger, gut ausgestatteter 2-Bett-Wagen, der auch notfalls das Einhängen einer dritten Federmatratze in den Mittelgang gestattet‘.“ Mit einem solchen Modell und seinem Ford V8 als Zugwagen startet der Berliner Reiseschriftsteller Theo Rockefeller 1938 auf eine 7500-Kilo-meter-Tour. Er ‚ist eine Art früher Camping-Influencer, der beweisen will, dass ein Wohnwagengespann auch unter härtesten Bedingungen, die völlige Unabhängigkeit und Freiheit ermöglicht.

Seine Reise führt ihn von Berlin bis nach Nalut im westlichen Libyen, von Neapel setzt er auf dem Seeweg nach Tripolis über.“ Reisen spielen als Qualitätsbeweis für Autos und Caravans überhaupt eine große Rolle. Lina und Hans Seitz, die um 1937 ihre Firma Schweikert Wochenendwagenbau gründen, zeiht es mit ihrem Modell „Immer Daheim“ gar über das Stilfser Joch: „Im Doppelpack bezwingen sie erfolgreich den hohen Pass mit seinen herausfordernderen 82 Kehren. Mit von der Partie ist ein Motorjournalist, der fleißig Nachrichten über die Heldentat in populären Medien platziert. Auch im extrem kalten Winter von 1939 auf 1940 machen Lina und Hans Seitz wieder von sich reden: Über Wochen trotzen sie der Kälte in ihrem Immer Daheim, heizen mit Kohle und Briketts und erforschen das Klima. Die Wände sollen sie mit Torf isoliert haben – Kunststoffschäume gibt es noch nicht.“

Auch Max Würdig aus Bad Düben bei Leipzig reiste gern



Noch lieber trifft er sich allerdings mit seiner Freundin, und weil er verheiratet ist, braucht er einen möglichst flexiblen Treffpunkt. „Also baut Max Würdig sich ein Nachtquartier auf Rädern. Sehr leicht, aus Latten und Hartpapier und Sperrholz. Bootslack schützt die Konstruktion vor dem Wetter.

Eine Tür führt ins Innere, wo das Wichtigste, das Bett, eine zentrale Rolle einnimmt. Max Würdig macht umgehend Reklame für sein Produkt, das er von Hand (und nur nach Wunsch) in seiner kleinen Fahrzeugbauwerkstatt zimmert, die er bereits 1918 in Leipzig gegründet hat.“ Sein großer Erfolg kommt allerdings erst nach dem Zweiten Weltkrieg - noch heute wird seine Konstruktion als „Dübener Ei“ geliebt.


Wuerdig 301 2 Dübener Ei


Der Westfalia Landstreicher



Westfalie Landstreicher

Eine ganz andere Zielgruppe steuert der seinerzeit größte deutsche Caravan an: die „Hautevolee, eine Oberklasse an Prominenten und Reichen: Für die abenteuerlustigsten unter ihnen baut der Anhängerhersteller Westfalia in Rheda-Wiedenbrück den monumentalen Landstreicher (...) - keine smarte Leichtbaulösung fürs Wochenende, an der man sich zuvor auch versucht hat, sondern ein stattliches Luxusgefährt mit sämtlicher Hightech, die in den 1930er-Jahren zu haben ist. Deutsche Stars nutzen ihn beruflich, die Schauspielerin und Sängerin Zarah Leander ebenso wie Rennfahrer Hans Stuck oder Komiker Karl Napp - auch zur Truppenbetreuung. Die Presse staunt, das Publikum ebenso. Ein Erfolg wird der Mammutanhänger jedoch nicht.“ Dafür sorgen dann in der Nachkriegszeit andere Westfalia-Modelle.

Quelle: AutoBild - Ausgabe 12/2021


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